NYC Storefronts – gelungenes Design und Anregungen für New-York-Fans

 


Joel Holland (Zeichnungen), David Dodge (Texte)

NYC Storefronts

Die schönsten Läden in New York

ISBN: 978-3-7913-8892-2

Mit einem Vorwort von NIkolas Heller

Hardcover, 192 Seiten, über 200 farbige Abbildungen 

€ 25,00 [D] inkl. MwSt.

Prestel Verlag München 2022

 

NYC Storefronts - natürlich denkt man da sofort an Läden und tatsächlich handelt es sich bei diesem ungewöhnlichen Buch auch um einen „Schaufensterbummel“, aber um einen der besonderen Art! Es ist auch kein Buch im Stil von „Die 100 besten Tipps“, sondern ein wunderschön gestalteter Band zu New Yorker Unternehmen, gezeichnet und mit prägnanten Beschreibungen versehen. Es ist das perfekte Buch zum Immer-Wieder-Selbst-Betrachten oder Verschenken.

 

Mit mehr als 200 Illustrationen hat Joel Holland – ein international anerkannter Illustrator mit Wohnsitz in New York City – seine liebsten Häuserfronten verewigt. Zu Beginn der Corona-Pandemie hatte er begonnen, die Schaufenster seiner Lieblingsgeschäfte und -lokale in der Nähe seiner Wohnung zu zeichnen und auf Instagram zu posten. Er startete mit „Economy Candy“, andere folgten. Hollands Ziel war auch, die Beliebtheit und Bekanntheit der Geschäfte zu fördern, denn viele von ihnen kämpften speziell während der Pandemie und der Lockdowns um ihre Existenz.

Gute Werbung und Hilfe in harten Zeiten

Dazu trug auch Nicolas Heller bei, der als „New York Nico“ vor allem für seinen Instagram-Account @newyorknico bekannt ist. Dort dokumentierte er bereits interessante Persönlichkeiten auf den Straßen Big Apples und erwarb sich den Ruf als „inoffizieller Talentscout von New York City“. Er unterstützte schon mehrmals über seinen Account Läden, die von Schließung, sei es wegen Corona oder wegen Mieterhöhungen, betroffen waren.


Mit der Zeit erweiterte sich Hollands Spektrum und es entstand eine umfassende Sammlung von „Storefronts“ der verschiedensten Art: Buch- und Blumenläden, Diners und Feinkostgeschäfte, Bars und Clubs, Schreibwarenläden und Floristen, Schuhwerkstätten, Reinigungen und Carwash-Garagen, Friseure und Barbershops, Musikläden und Galerien, ein Kino und ein Boxclub, ein Schachladen („Chess Forum“) oder Kuriositäten wie ein Gummi-, ein Ballon- oder ein Glühbirnengeschäft.
 

Hollands Zeichnungen, großteils ausgeführt mit einfachen Pilot 2-Gelschreibern, sind zwar menschenleer, wirken aber heiter und zeitlos. Zu jeder Illustration gibt es einen kurzen Text mit Adressangabe vorweg, der Infos zu Besitzern, zur Geschichte, zu Besonderheiten und manchmal auch Anekdoten liefert und die Neugierde weckt, die Plätze selbst einmal aufzusuchen. Die Beschreibungen stammen von David Dodge, einem ebenfalls bekannten Journalisten. In der Regel erhält jede Location eine eigene Seite, zwischengeschoben gibt es aber einige Doppelseiten mit jeweils vier Fronten und Texten pro Seite in entsprechend kleinerem Format. Manche, dem Zeichner/Autor wohl besonders wichtige Orte, wurden durch farbigen Hintergrund hervorgehoben.

 


Vielfach zeichnete Holland weithin bekannte „Legenden“, wie die Pickle Guys, allerdings finden sich auch einige „versteckte Perlen“. Nicht alle Genannten sind heute noch offen bzw. an derselben Stelle zu finden. Darauf wird zu Anfang auch klar hingewiesen. Für New-York-Kenner teilt sich das Buch in zwei Rubriken: In die „Oldies, but Goodies“, d.h. die Klassiker, und in die „Aha-“ bzw. „Write-it-down-Erlebnisse
.

 

 

Alte Klassiker und wenig bekannte Juwele

Kalustyan’s (123 Lexington Ave.) - Speciality Foods of the World – ist solch ein Klassiker, „Joe’s Pizza“ kennt man aus Spider Man 2, und in der Kategorie Clubs werden z.B. Village Vanguard, Small’s Jazz Club, Blue Note Jazz Club und das Minton’s Playhouse gewürdigt. Julius’ (159 W. 10th St.) rühmt sich, bereits vor dem Stonewall Inn (das ebenfalls abgebildet ist), Anlaufpunkt, Treff und Ort von Protesten der LGBT-Gemeinde gewesen zu sein.

 


 

Russ & Daughters oder Katz’s, Economy Candy oder Yonah Schimmel Knish Bakery, Pearl Diner oder Vesuvio Bakery, Veselka oder Murray’s Bagels sind „kulinarische Klassiker“, die natürlich nicht fehlen dürfen. Weniger bekannt sind hingegen der K.K. Discount Store oder die Gramercy Typewriter Company, wo Tom Hanks Schreibmaschinen gekauft haben soll. Natürlich wurde der Strand Bookstore mit seinen One-Dollar-Carts auf dem Bürgersteig und seinem Rare-book-Room aufgenommen, allerdings auch einige kleine Spezial-Buchläden wie einer für Kochbücher, einer für Krimis, einer für Theaterliteratur oder McNally Jackson für Karten aller Art.

 

The Roost in Alphabeth City scheint ein Spot zu sein, den man sich mal anschauen sollte, ebenso könnte man endlich einen Blick in C.O. Bigelow Pharmacy (414 6th Ave (8/9th St.), die älteste Apotheke der USA, von 1838, werfen. Und auch Pastrami Queen (1125 Lexington Ave.), wo der legendäre Koch und Weltenbummler Antony Bourdain Pastrami-Sandwiches gegessen hat, wird für den nächsten New-York-Besuch gleich notiert. Am Nom Wah Tea Parlor in Chinatown ist man sicher schon mehrmals vorbeigelaufen ohne zu registrieren, dass es sich hier um das älteste kontinuierlich betriebene Restaurant in Chinatown (1920) handelt, und dass neben Dim Sum auch Teespezialitäten serviert werden.

 

Von Militärbedarf bis Restaurantzubehör


Eher etwas kurios wirken in der Serie Institutionen wie die Greenwich Locksmiths, Army & Navy Bags – Militärbedarf in # 77 E. Houston St., das übrigens durch Crowdfounding 2020 gerettet wurde – , Capitol Fishing Tackle Co. (Angelbedarf), Cowboy Shoe Repair oder Casey Rubber Stamps (Gummistempel). „Just Bulbs“ verkauft nur Glühbirnen, bei Chef Restaurant Supply (294 Bowery) bekommt der Hobbykoch das lange benötigte richtige Messer und in der Village Music World (197 Bleecker) findet der Plattenfan die richtige Scheibe. Vielleicht sollte man auch einmal B&H Dairy oder den Lexington Candy Store (1226 Lexington) selbst ausprobieren? In Letztgenanntem gibt es weniger Süßes, als vielmehr typisch amerianische Kost, hier kann man als Gast noch einen der letzten originalen „Lunchenettes“, seit 1925 in Familienbesitz, erleben.


 

Die Anordnung der Lokalitäten erfolgt eher willkürlich, weder nach Genres, noch alphabetisch, und auch nicht geografisch. Man hätte sich vielleicht gewünscht, dass die Spots nach Vierteln angeordnet worden wären – was passagenweise zwar so wirkt, aber dann nur sehr grob zutrifft. Im hinteren Teil des Buches befinden sich dann Karten „Nördlich der 34th St.“, „Zwischen Houston St. und 34th“ (wo sich die meisten Punkte befinden) und „Südlich der Houston St.“, aber diese helfen zur geografischen Verortung nicht wirklich.

 

 

 

 

 

Abgesehen von dieser organisatorischen Kleinigkeit, handelt es sich um ein wirklich gelungenes Buch, das man vor jeder New York-Reise wieder konsultieren kann. Die Zeichnungen sind ein Augenschmaus – detailliert, prägnant, heiter und machen neugierig. Die Anordnung von Text und Bild ist harmonisch, das Design perfekt. Kurzum: Beim Durchblättern wächst der Wunsch, der Sache nachzugehen und Zeichnung und Original, vor Ort, zu vergleichen.

 

© Fotos: Prestel Verlag (Zeichnungen aus dem Buch) bzw. MB (Fotos zur Gegenübertellung).