»Ein Vulkan ist ein lebendiges Wesen«

 

... so der Fotograf Carsten Peter, der halsbrecherische Expeditionen mit der Kamera zu den Feuerbergen der Welt unternahm und dem ein Kapitel mit Interview in dem Begleitband zur Rosenheimer Ausstellung „Vulkane“ gewidmet ist. Die Ausstellung selbst, die noch bis 10. Dezember im Lokschuppen Rosenheim läuft, ist sehenswert und hat hohen pädagogischen Wert. Noch informativer ist jedoch der Katalog zur Ausstellung, herausgegeben von Siebo Heinken, Journalist aus Hamburg (früher National Geographic und Merian, jetzt Redakteur bei "GEO").

 

Das Buch gibt hervorragende Einblicke in Hintergründe, Geschichte und Gegenwart der Vulkane in aller Welt. Man lernt z.B. wie es vor rund 4,5 Milliarden Jahren bei der Entstehung der Erde zum Vulkanismus kam und weshalb dieser das Leben überhaupt erst ermöglicht hat, welche Folgen historische Eruptionen hatten und weshalb man beim Yellowstone-Vulkan von einer möglichen Supereruption spricht. In großer thematischer Breite und gut aufgemacht, mit Fotos und Geschichten, Reportagen und Interviews informiert der Katalog über aktive Vulkane und berichtet von gefährlichen Expeditionen. Hilfreich sind die orange-farbig abgehobenen Kästen „Vulkane-ganz kurz“ sowie zusätzliche grau unterlegte Zusatz-Exkurse, viele Grafiken und Schemata.

Kilauea auf Hawaii - Modell

 

Es geht in einzelnen Aufsätzen von Fachleuten um Ausbrüche und Vulkane, z.B. um den Vulkanausbruch in La Palma 2021 und seine Auswirkungen. Die Neuseeländische White Island explodierte ohne Vorwarnung 2016, wohingegen sich die Katastrophe 1980 am Mount St. Helens im US-Bundesstaat Washington lange vorher angekündigt hatte. Sie war wohl der erste weltweit ausführlich dokumentierte und erfasste Vulkanausbruch. Ebenfalls seit Langem gut erforscht ist der Yellowstone (Foto unten, Old Faithful) im US-Bundesstaat Wyoming. Wie die Beobachtung und Erforschung dieses besonderen Vulkanareals abläuft, lernt man bei dem Interview mit dem Chefgeologen Michael Poland.

 

 

Old Faithful im Yellowstone NP

 
Mt. St. Helens (Foto: WA Tourism)

In „Kaltes Land, heißes Land“ geht es um die größte Vulkaninsel der Welt, um Island. Deren rund 200 Feuerberge werden teilweise für Energiegewinnung und im Tourismus (Badevergnügen) genutzt. Ebenso verhält es sich mit der Vulkanlandschaft Eifel, wo in der Vergangenheit das Vulkangestein industriell genutzt wurde. Auch der Aufsatz „Bestaunt, verehrt, ausgebeutet“ handelt u.a. von den Vorteilen, in der Nähe von Vulkanen zu leben.

 

Mehrere Aufsätze im Band befassen sich mit antiken Themen, z.B. dem spektakulären Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr. „Tod am Vesuv“ schildert die gruseligen Ereignisse in Pompeji und Herculaneum, die von Plinius d.Ä. akribisch niedergeschrieben wurden. Daran schließt sich „Zu Besuch im Süden“ an, J.W. von Goethe (Foto links) auf seiner Reise durch Italien. Er bestieg in den 1780ern gleich dreimal den Vesuv und beschreibt emotional das Erlebte. Gleichzeitig erkundete der englische Naturforscher William Hamilton den Vesuv, versucht aber eher wissenschaftlich das Phänomen zu erklären. Alexander von Humboldt, ebenfalls Naturforscher und Forschungsreisender, schrieb hingegen über seinen Versuch, den Chimborazo auf Teneriffa 1802 zu besteigen.

 

Noch viel früher ereignete sich „Das Ende von Thera“. Die griechische Insel Santorin hatte vor rund 3600 Jahren einen verheerenden, bis heute Rätsel aufgebenden Ausbruch erlebt. Als „Symbol der Ewigkeit“ gilt der Fuji in Japan. Der Künstler Katsushika Hokusai befasst sich in einer Serie von 36 Ansichten mit dem Heiligen Berg.

 

Santorin (Foto ©VisitGreece, YSkoulas)


Hilfreiche allgemeine Informationen zum Thema Vulkanismus bietet vor allem das Kapitel „Eine Welt der Vulkane“. Es geht um Entstehung, Unterschiede und Erdgeschichte, illustriert durch anschauliche Zeichnungen, Grafiken, Modelle z.B. zur Konstellation der Erdplatten, zu verschiedenen Arten von Ausbrüchen und unterschiedlichen Vulkantypen. Ebenfalls allgemeiner gehalten ist ein Interview mit der Vulkanologin Nicole Richter über Möglichkeiten und Grenzen von Prognosen. Interessant: es gibt insgesamt rund 250 mit Messinstrumenten überwachte Vulkane! Das Schlusskapitel fasst dann das Gesagte noch zusammen, indem es Beispiele für Ausbrüche mit weitreichenden Folgen gibt.

Ein Glossar mit Vulkanen von A-Z, mit Literatur, Websites, Filmen und Nennung der Autoren und Fotografen rundet diesen informativen, klug gestalteten und dazu mit eindrucksvollen Fotos versehenen Band ab.

 

Die Macht der Feuerberge: hier der Kilauea auf Hawaii

Heinken, Siebo (Hsg.), Vulkane. Die phantastische Welt der Feuerberge (wbg Theiss, Darmstadt, 2023, 27,90 € in der Ausstellung, sonst 40 €).

 

Fotos sofern nicht anders angegeben: ©Margit Brinke, Poster und Buchcover der Ausstellung:  ©Lokschuppen Rosenheim.