Alexander von Humboldt

H. Walter Lack, Alexander von Humboldt und die botanische Erforschung Amerikas
Prestel-Verlag (München) 2018, 280 Seiten, 142 farbige Abbildungen, 82 Farbtafeln
ISBN: 978-3-7913-8414-6, 49,95 €

Ottmar Ette & Julia Maier, Alexander von Humboldt – Bilder-Welten. Die Zeichnungen aus den Amerikanischen Reisetagebüchern
Prestel-Verlag (München) 2018. Prachtband im Schmuckschuber, gebunden, mit Lesebändchen, 736 Seiten, 600 farbige Abb.
ISBN: 978-3-7913-8312-5, 148 €


Beide Buchcover und Fotos Tagebucheinträge ©Prestel Verlag
Porträt Humboldt: Wikimedia Commons




„Brüder im Geiste“
Am 19. Mai 1804 betrat Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt (1769–1859) am Ende seiner amerikanischen Forschungsreise in Philadelphia erstmals nordamerikanischen Boden. Damals hatte eine für die damals noch jungen USA wegweisende Expedition gerade begonnen: Wenige Tage zuvor, am 14. Mai, war das sog. Corps of Discovery von St. Louis in Richtung Nordwesten aufgebrochen. Die beiden Offiziere Meriwether Lewis und William Clark sollten mit ihrem Expeditionscorps nicht nur das 1803 vom französischen Kaiser Napoleon erworbene bis dato weitgehend unbekannte Land westlich des Mississippi in Besitz nehmen, sondern zugleich im Auftrag des damaligen US-Präsidenten Thomas Jefferson das Land erforschen und dokumentieren.

Humboldt hatte ursprünglich keinen längeren Aufenthalt in Amerika geplant, doch in US-Präsident Thomas Jefferson fand er einen „Bruder im Geiste“. So blieb der Deutsche nicht nur bis Anfang Juli in den USA, er war zudem drei Wochen lang Gast des Präsidenten in Washington D.C. und auf dessen Wohnsitz in Monticello in Virginia (Foto). Der Universalforscher Humboldt und der Privatgelehrte und Mitbegründer der modernen Demokratie Jefferson sollen sich stundenlang unterhalten haben. „Mit ganzer Hingabe“ hätte Jefferson Humboldts Ausführungen über seine von 1799 bis 1804 dauernde Amerikareise zugehört – so berichtet Jeffersons Sekretär William A. Burwell. Und auch Humboldt muss von Jefferson begeistert gewesen sein – die Beiden korrespondierten bis zu Jeffersons Tod, 1826, und tauschten sich über naturwissenschaftliche Themen, Geografie und Tagespolitik aus.

Humboldt, der Botaniker

Alexander von Humboldt ist der wohl universellste Forscher, den die Wissenschaft bis heute hervorgebracht hat. Dass er ungeachtet seiner vielseitigen Interessen jede einzelne Studie mit akribischer Sachkenntnis durchgeführt hat, beweist sein Beitrag zur Erfassung der lateinamerikanischen Pflanzenwelt. Anlässlich seines 250. Geburtstags im Jahr 2019 legte der Prestel-Verlag München zwei Bücher vor: einmal einen großformatigen Prachtband mit den besten botanischen Illustrationen aus Humboldts eindrucksvoller Sammlung, zum anderen einen Band im Schmuckschuber, in dem erstmals alle Zeichnungen und Skizzen aus Humboldts Tagebüchern von seiner großen Amerikaexpedition zusammengestellt sind.

Ersteres Buch, »Alexander von Humboldt und die botanische Erforschung Amerikas«, wurde von H. Walter Lack zusammengestellt, Professor an der FU Berlin, einst Direktor am Botanischen Garten und Botanischen Museum Berlin-Dahlem und zugleich Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte der Botanik. Für das zweitgenannte, »Alexander von Humboldt – Bilder-Welten. Die Zeichnungen aus den Amerikanischen Reisetagebüchern« zeichnen Ottmar Ette und Julia Maier verantwortlich. Beide Bände ergänzen sich hervorragend und sind nicht nur für historisch oder botanisch interessierte Leser purer Lesegenuss sondern auch ein schönes Geschenk.

1799 war Humboldt zusammen mit dem französischen Botaniker und Arzt Aimé Bonpland nach Südamerika aufgebrochen. Erstmals kam ein Europäer nicht als Eroberer, sondern als Wissenschaftler. Der Band weist neben 82 großformatigen, farbigen Pflanzentafeln mit kurzen Beschreibungen – z.B. kommen Hypericum (Johanniskraut), Rosa canina (Hundsrose) und Dahlia (Dahlie) vor – einen informativen Einleitungsteil auf. Darin geht es nicht nur um den Forscher und seinen Begleiter, sondern auch die komplizierte Veröffentlichungsgeschichte der botanischen Ergebnisse. Herausragend ist die hervorragende Qualität der reproduzierten Bildtafeln. Der Band gewährt Einblick in den Pflanzenkosmos des amerikanischen Kontinents und belegt zudem die Bedeutung Humboldt für die Botanik.

Humboldts Bilder-Welten
Seinen unbändigen Enthusiasmus und die oft abenteuerlichen Umstände, unter denen Humboldt Pflanzen sammelte, spiegeln die Reisenotizen wider, die sich wie ein Abenteuerroman lesen. Auf der Forschungsreise von 1799 bis 1804 durch den Norden Südamerikas sowie Mittelamerika entstanden zahlreiche Tagebücher und die Zeichnungen und Skizzen sind in diesem zweiten, mit über 700 Seiten schwergewichtigen Prachtband vereint. Fast 4000 Seiten Papier hatte Humboldt mit detaillierten schriftlichen Ausführungen sowie Hunderten von Zeichnungen gefüllt, sie reichten von Tier- und Pflanzenskizzen bis zu geometrischen Studien. Nach Sachgebieten geordnet und mit Kommentaren sowie Tagebuchauszügen versehen, werden die Illustrationen im Originalformat in Faksimile-Qualität abgebildet.



Humboldt-Kenner Ottmar Ette, Professor für Romanistik an der Universität Potsdam, leitete auch das Forschungsprojekt zur Auswertung von Humboldts Amerikanischen Reisetagebüchern. In einer kurzen Einleitung befasst er sich mit der Reise Humboldts und seinen Reisetagebüchern und zeigt den Wissenschaftler als Kosmopoliten und Netzwerker. Julia Maier, Kunsthistorikerin und Romanistin, die über die Zeichnungen in Humboldts Amerikanischen Reisetagebüchern promovierte, erklärt anschließend die Vorgehensweise bei der Publikation der Materialfülle.

Wie beim ersten Band ist die Reproduktion vorzüglich, meist wurden die Seiten originalgroß abgebildet, sorgfältig transkribiert bzw. übersetzt und kommentiert. Am Ende wurden von den etwa 4000 Seiten der Tagebücher fast 450 in diesem Band abgebildet. Nicht nur für „Humboldtianer“ sind beide Bände ein Muss im Bücherregal, auch wer sich ausführlicher mit Amerika beschäftigen möchte, muss auf sie zurückgreifen.

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