„Die Welt ist viel zu bunt um allzu schwarz zu sehen“

 

Marianne Foerster, Ulrich Timm (Hrsg.)

 

Der Garten meines Vaters Karl Foerster

Bornimer Gartentagebuch in sieben Jahreszeiten


Vollständig aktualisierte, erweiterte und neu fotografierte Ausgabe mit Fotos von Ferdinand Graf Luckner 

 

Hardcover, Pappband, 160 Seiten, 180 farbige Abbildungen

ISBN: 978-3-7913-8969-1, Prestel Verlag München 2024, 38 €

 

 

Karl Foerster - dieser Name ist Programm und steht für den wohl bedeutendsten Staudenzüchter des 20. Jahrhunderts. Wer "Foerster" hört und Staudenfan ist, denkt möglicherweise sofort an Phloxe wie „Düsterlohe“ oder „Wenn schon denn schon“ (li. Bild) oder aber an seine Rittersporne. Noch heute werden Sorten wie „Finsterahorn“ oder „Berghimmel“, die er einst gezüchtet hat, in Staudengärtnereien angeboten.

 

Lebenswerk in Tagebuchform

Bei dem 2024 im Prestel Verlag erschienenen Hardcover-Buch handelt sich um die vollständig aktualisierte und erweiterte Ausgabe eines Standardwerks von 2005, das zum 150. Geburtstag von Karl Foerster 2024 neu aufgelegt wurde. Das saisonale Gartentagebuch von Marianne Foerster wurde mit neuen Bildern des bekannten Fotografen Ferdinand Graf Luckner illustriert und um verschiedene Texte ergänzt, u.a. um eine Geschichte des Bornimer Gartens und eine Auflistung der Lebensdaten von Karl Foerster.

Der Staudenzüchter Karl Foerster (1874–1970) hat seinen Bornimer Garten (oben) ab 1911 angelegt. Er entwickelte sich zum vorbildhaften Mustergarten und Gesamtkunstwerk und wurde später von Tochter Marianne gepflegt. Heute verwaltet von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Bonn, steht die Anlage unter Denkmalschutz und ist ein beliebtes Ziel für alle Gartenfreunde. 


In dem Buch führt Marianne Foerster (1931-2010), ebenfalls Gärtnerin und Gartenplanerin, den Leser durch den rund 5000 qm großen Garten und zwar durch alle sieben Garten-Jahreszeiten. Nach drei Lehrjahren in der väterlichen Gärtnerei und weiteren zwei Jahren als Gehilfin war sie für mehr als drei Jahrzehnte im Brüsseler Büro des Gartenarchitekten René Pechère tätig. Von 1990 bis zu ihrem Tod im März 2010 kümmerte sie sich um den Garten in Potsdam-Bornim und nahm sich der Herausgabe der Schriften ihres Vaters an.

Foerster hat seit den 1920er-Jahren der Gartenkultur Europas entscheidende Impulse gegeben. Er hatte ein besonderes Verhältnis zu Pflanzen, sah sie als Individuen. Sein Ziel war es, mit geringem Pflegeaufwand größtmögliche Schönheit zu gewährleisten. Aus diesem Grunde beobachtete er seine Stauden und suchte nach Züchtungen mit den besten Eigenschaften bzgl. Stabilität, Wachstum, Gesundheit oder Farbe. So gelangen ihm rund 370 Neuzüchtungen winterharter Blütenstauden, allen voran Rittersporne (re. unten) und Phloxe.

 

Mit seinem Fokus auf winterharte Stauden wurde er zum Vordenker einer modernen, nachhaltigen und naturnahen Gartengestaltung. Bei Foerster standen das Zusammenspiel von Erscheinungsbild, Farbe und Duft im Mittelpunkt, dazu war ihm an widerstandsfähigen und ausdauernden Pflanzen gelegen. Auch Wildstauden, Gräser und Farne aus aller Welt interessierten ihn. „Man muss die Pflanzen nach ihrem Willen fragen“, war das Credo des Empirikers. Auf riesigen Versuchsfeldern pflanzte er 20- bis 30.000 Exemplare einer Art und überließ sie dem Zufall, sprich, der Wildbestäubung. Er selbst sah sich als Chronist und Beobachter, als "Buchführer" von Mängeln. Nach zwei Jahren siebte er die besten Pflanzen aus, dann folgten drei weitere Beobachtungsjahre, und erst danach kürte er die Sieger unter Flammenblumen, Sonnenkraut und Astern.


Vielseitiges Genie

1874 in Berlin als Sohn einer Malerin und eines Astronomen geboren, wurden Karl Foersters Kunstsinn und seine wissenschaftliche Neugier früh gefördert. Er absolvierte eine klassische Gärtnerlehre an der Königlichen Gärtnerlehranstalt am Wildpark bei Potsdam. 1903 gründete er seine eigene Staudengärtnerei auf dem elterlichen Land in Berlin-Westend, zog aber bereits  1910 nach Bornim bei Potsdam auf einen etwa 5000 m² großen Acker um. Hier entstand das Wohnhaus der Familie mit Haus-, Lehr- und Schaugarten.

 

1927 heiratete Karl Foerster die Sängerin und Pianistin Eva Hildebrandt, Tochter Marianne wurde 1931 geboren. Im Zweiten Weltkrieg stellte man auf Kartoffel- und Gemüseanbau um,  doch schon 1945 durfte Foerster mit Genehmigung der Sowjetischen Militäradministration erneut einen „Züchtungs- und Forschungsbetrieb winterharter Blütenstauden“ betreiben. Foersters Betrieb überstand beide Weltkriege, wobei seine Haltung zum Nationalsozialismus gelegentlich in Frage gestellt wurde. Zwei Jahre nach seinem Tod, 1970, wurde die Gärtnerei zum „Volkseigenen Gut Bornimer Staudenkulturen“ umgewandelt, Wohnhaus und Garten 1981 als „Karl-Foerster-Gedenkstätte“ unter Denkmalschutz gestellt. Marianne kehrte schließlich 1990 nach Bornim zurück, und von da ab entstand ihr Gartentagebuch.

 

„Wenn ich noch einmal auf die Welt komme, werde ich wieder Gärtner, und das nächste Mal auch noch. Denn für ein einziges Leben ward dieser Beruf zu groß“  

 

Foerster war nicht nur Botaniker und Gärtner, sondern auch Garten-Schriftsteller und Garten-Philosoph, Gartenpoet, Naturanwalt und wurde zu einer Art "Garten-Guru". 1911 entstand als erstes Buch „Winterharte Blütenstauden und Sträucher der Neuzeit“, 1917 folgte  „Vom Blütengarten der Zukunft“, danach viele weitere, z.B. 1940 „Blauer Schatz der Gärten“, eine Hommage an Foersters Lieblingsblütenfarbe, oder als letztes Werk „Es wird durchgeblüht. Thema mit Variationen (1968). In insgesamt 28 Büchern hat Foerster sein umfassendes Wissen der Nachwelt hinterlassen. 

 

Phlox paniculata und Delphinium (Rittersporn, Foto rechts als Beispiel) hatten es ihm angetan. Insgesamt sind ihm 370 eigene Züchtungen gelungen, wovon etwa ein Drittel noch heute im Handel ist. Seine ganze Liebe galt dem Rittersporn, der „blauen Blume“. 1920 züchtete er den „Berghimmel“, weitere folgten, allein 73 Sorten an Ritterspornen. 1928 erschien sein Buch „Der Rittersporn – Geschichte einer Leidenschaft“. Seine Leidenschaft für Phlox folgte auf dem Fuß: „Das Leben ohne Phlox ist ein Irrtum“ – so ein Zitat.

Zur Bundesgartenschau 2001 in Potsdam wurde der Garten in Bornim als Gartendenkmal rekonstruiert. Foerster war es immer wichtig gewesen, dass seine Gartenanlage jedem interessierten Besucher offen stand. Dieses Ansinnen hat Tochter Marianne weitergeführt. Festgehalten hat sie ihre Beobachtungen in einem Gartentagebuch und dieses steht im Zentrum des Buches, auf etwa 120 Seiten. Zuvor wird jedoch in einem geschichtlichen Abriss die  Entwicklung der Anlage aus Schaugarten, Wohnhaus und Gärtnerei von 1910 an geschildert. Der Bornimer Garten gilt nämlich als die erste Schau- und Lehranlage der Gartenkultur, als erster Studien- und Versuchsgarten.

Er war von Anfang an als „Garten der sieben Jahreszeiten“ angelegt, geplant als mehrteilige Anlage mit Senkgarten, Frühlingsweg, Naturgarten, Wohngarten (einer Rasenfläche, von Stauden und Bäumen gerahmt), mit Herbstbeet, Steingarten und Versuchsgarten für neue Züchtungen und Versuche. Der Senkgarten war kulturgeschichtlich der bedeutendste Teil der Gartenanlage und steht im Buch im Zentrum. Im Laufe der Jahre kam es zwar zu einigen Veränderungen und Sanierungen, doch im Rahmen der Bundesgartenschau Potsdam 2001 wurde er wiederhergestellt. Diese Maßnahmen werden ebenfalls im Detail geschildert.

 

 

 

Rundgang durch die Jahreszeiten

Anschließend an die farblich abgehobenen Seiten mit den Lebensdaten von Karl Foerster folgt das „Bornimer Gartentagebuch“. Hierbei geht es um die Erscheinung des Gartens in den sieben (!) Jahreszeiten. Die jeweiligen Leitpflanzen werden beschrieben und mit stimmungsvollen Fotos illustriert. Es gibt teils ausführliche Informationen zu einzelnen Pflanzengruppen, wie z.B. Rhododendren, oder Hinweise zu Sorten und Pflege, Rückschnitt und Kompostmischungen, zu Wühlmausplage und Schnecken und es geht auch um richtiges Wässern und perfekte Farbkombinationen.

Dem Vorfrühling (Foto li. oben) – mit Duftveilchen, Christrosen, Primeln, Bergenie, Zwiebelblumen – folgt der Frühling (Lungenkraut, Blaukissen, Sonnenröschen) - auf dem Foto oben ein Ahorn am Rand des Senkbeetes – ehe man im Frühsommer bereits einem ersten Höhepunkt zusteuert: Rosen und Rittersporne, Salbei und Funkien entfalten dann ihre volle Pracht. 

Der Hochsommer (Foto unten) trumpft mit Dahlien, Taglilien, Phloxen, Astilben und Sonnenbraut auf, im Herbst wird es dann farblich etwas gedämpfter, mit Ziergräsern, Sonnenhut, Herbstanemonen oder Sedum. Der Spätherbst produziert noch einmal ein schönes Farbenschauspiel (es geht hier zudem um den Rückschnitt von Pflanzen), während im Winter dann die Winterruhe von Farbtupfern wie Zaubernuss oder Felsenmispel unterbrochen wird.

 




   Herbststimmung in Foersters Garten

 

 

 


„Wer mit seinem Garten zufrieden ist, verdient ihn nicht.“

 

Karl Foersters Dreiklang der Farben ist ein weiteres (neu zugefügtes) Kapitel im Buch. Es geht um das  Prinzip „vom Ton zum Klang“, von der Einzelpflanze zur Gesamterscheinung, um die Zusammenstellung mehrerer Farben, um empfehlenswerte Dreiklänge. Eine Liste mit verschiedenfarbig blühenden bzw. belaubten Pflanzen der entsprechenden Farbgruppen ist zugefügt.

 

Die folgenden „Profi-Tipps der Chefgärtnerin“ - gestellt an die heutige Chefgärtnerin des Gartens, Kristina Scheller – bringen wenig Neues. Es geht vor allem um Bestand und Gegebenheiten von heute im Vergleich zu früher. Interessanter ist wieder das letzte Kapitel „Marianne Foerster, die Planerin“. Dieser Text würdigt die Tochter des großen Staudengärtners als eigenständige, talentierte Gartengestalterin und nennt auch tabellarisch ihre Lebensdaten und ihren Werdegang.

 

Der Besuch im Staudenparadies Foersters, im Bornimer Garten lohnt sich, und wer nicht selbst nach Potsdam reisen kann, hat Gelegenheit, ihn mit diesem schön aufgemachten Prestel-Buch kennenzulernen. Ideal zum Blättern, Foto-Ansehen und Lesen, anregend zum Neu-Planen und Recherchieren, macht der Band vor allem Lust, sich mehr mit den Foerster-Züchtungen zu befassen.

 

HINWEIS:

Die Staudengärtnerei Gaißmayer in Illertissen (www.gaissmayer.de) sei abschließend als Tipp für süddeutsche Gartenfans in Sachen Foerster-Züchtungen erwähnt. Gerade die Phlox-Auswahl ist hier riesig.

 

 ©Text: MB, Fotos: Prestel Verlag (aus dem Buch), Phloxe und Rittersporn sowie letztes Bild: MB (aus dem eigenen Garten).

 

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