
©Prestel/V.Ballantine

Alessandra Mattanza, New Street Artists
24 Künstler:innen, deren Namen man sich merken sollte - Newcomer:innen in der Szene von Adelaide bis Paris, von Kopenhagen bis Sao Paulo
Hardcover, 240 Seiten, ISBN: 978-3-7913-8991-2, 36 €, Prestel Verlag München, 2023
In letzter Zeit sind viele Bücher über Murals und Graffiti, Street Art und Street Artists erschienen. Auch in dem neuen Buch von Alesandra Mattanza geht es um Straßenkünstler. Sie gibt in dem großformatigen, schön bebilderten Band, der unlängst im Prestel Verlag erschienen ist, einen Überblick über die internationale Street Art-Szene mit Fokus auf die neuen Stars in Großstädten weltweit. Mattanza hat Werke von 24 Street Artists ausgewählt, die nach Meinung der Autorin das Zeug dazu haben, sich zu neuen Stars der Szene zu entwickeln (es manchmal allerdings schon sind).
Was ist Street Art?
Dazu findet man in der Einleitung Auskunft. Street Art findet ausschließlich im urbanen Raum statt, ist Teil einer Performance und öffentlich. Die gewählten Künstler:innen greifen aktuelle gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Entwicklungen auf und machen damit Street Art zu einer einzigartigen Kunstform. Die Stadt wird zur Leinwand, Architektur, Neighborhood und Menschen werden in die Kunst eingebunden und es findet eine Interaktion zwischen Künstler und Öffentlichkeit statt.
Ein wiederkehrendes Thema sind die Auswirkungen der Technik auf Mensch und Umwelt, Natur, Flora und Fauna. Die Motivationen der Künstler sind unterschiedlich, reichen von Erfahrungen und Selbsterlebtem über Aktivismus, Engagement und Protest bis hin zu Emotionen und Gefühlen. Oft spielen der Glaube an Gleichberechtigung und der Kampf gegen Diskriminierung und soziale Ungerechtigkeit hinein. Die Kunstrichtung steht für Diversität, Freiheit und Unabhängigkeit sowie das Eintauchen in andere Kulturen.
Street Artists – eine Auswahl aus der Auswahl
©Adnate
Die Künstlerporträts sind alphabetisch angeordnet, der Hauptteil
des Buches beginnt mit dem Australier Matt Adnate (rechts), dessen großformatige
Porträts von Menschen Hochhausfassaden zieren. Bei dem Franzosen Ardif
steht eine retro-futuristische Ästhetik im Zentrum, den Gegensatz zwischen «Fortschritt»
und Veralterung in der Wissenschaft stellt er v.a. in Gestalt von janusköpfigen
Tierfiguren dar. Vincent Ballentine ist längst ein großer Name in der
New Yorker Szene. Der Afroamerikaner aus Brooklyn studierte Filmkunst und
Animation, lebte u.a. in L.A. , und sieht Kunst vor allem als therapeutischen
Zweck. Auch bei ihm stehen Porträts bzw. Menschen im Allgemeinen im
Vordergrund.
Der Ire Fin Dac betrachtet die Wand als Leinwand und
schafft großformatige impressive Fassadenbilder, die ebenfalls leicht zu identifizieren
sind: Er hat sich auf Porträts von asiatischen Frauen, fremd und sinnlich, mutig,
selbstbewusst und elegant spezialisiert. Vielfach tragen die Frauen eine Art
Maske vor den Augen. Gefragt nach seiner Motivation, gibt er an, dass es
vormals kaum positive Darstellungen asiatischer Frauen gab, sie wurden im
Allgemeinen als Kurtisanen, Geishas oder Dragon Ladies abgebildet. Auch bei Royyal
Dog, selbst aus Südkorea stammend und in L.A. lebend, steht Multikulti im Mittelpunkt
– jenseits der Grenzen von Ethnien und Nationen bildet er ein Mosaik der
Menschheit ab. Gerne stellt er POC in traditioneller koreanischer Kleidung dar. © Fin Dac
INTI – Inti Castro – hat chilenische Wurzeln und großes Interesse für amerikanische Ureinwohner, für Kulte und Rituale. Er ist bereits seit 1996 als Street Artist tätig und produziert weltweit. In seinen Bildern nutzt er die Ikonografie verschiedener Kulturen und schafft eine Verbindung zwischen den Welten.
Eine der nicht allzu zahlreichen Frauen in der Szene ist Danielle Fastrion. Sie arbeitete beim Kollektiv 5 Poointz Long Island City Queens mit oder auch beim Bushwick Collective. Sie wuchs in Brooklyn auf und sagt von sich "Ich möchte mich weiterentwickeln und immer besser werden" und einmal in aller Welt ihre farbstarken Frauenporträts zu zeigen. Im Werk einer weiteren Frau, Jacoba Niepoort , in Dänemark geboren, in Massachusetts aufgewachsen, steht der menschliche Körper im Vordergrund. Ihr Thema sind verschlungene Leiber, die sich über ganze Hauswände räkeln, häufig als Linienlabyrinth. Meist sind die Gesichter nicht klar erkennbar oder verdeckt, denn die Künstlerin möchte die Aufmerksamkeit darauf lenken, was Körper und Hände tun wenn sie miteinander in Beziehung treten.
Flora und Fauna sowie Surrealismus mit „romantischen Anklägen“
stehen bei den Australiern Scott Nagy & Krimsone im Vordergrund, sie
fühlen sich als "multidisziplinäre Mural-Maler" und weniger als
Street Art-Künstler. Im Bann der Farben stehend, ist es ihnen wichtig, Stimmungen
zu erzeugen und Szenen lebendig zu machen. © Brandan Odums
Wesentlich direkter wirken die Bilder von Brandan BMIKE Odums aus New Orleans. Sein Hauptmotiv sind (afroamerikanische) Kinder. Er hatte wesentlichen Anteil daran, dass Bywater, ein in der Vergangenheit eher wenig beliebtes (Industrie-)Viertel, neu belebt wurde. Er verbindet Kunst und Aktivismus, legt Wert auf klare, direkte Aussagen und leichte Verständlichkeit. Inspiration für ihn sind Fotografie und Musik.
Einen komplett andere Stil pflegt Okuda San Miguel: viel Farbe und geometrische Formen – ein Fest für die Sinne! Seine Murals sind ein Mosaik aus bunten geometrischen Formen, die sich zu Portäts, Tieren o.a. Motiven zusammenfügen. In Spanien geboren und beeinflusst vom Land, sind seine Kunstwerke farbenfroh und glücklich, reich an Natur und Kunst. Eines seiner Meisterwerke ist die Ausmalung der International Church of Cannabis in Denver (2017).
Auch TVBoy - Salvatore Benintende aus Palermo ist mit seinem „Neopop-Stil“ ein Unikum. Er übermittelt Botschaften, indem er oft Persönlichkeiten der Vergangenheit, wie die Mona Lisa, und Berühmtheiten der Gegenwart, z.B. Politiker, zusammenbringt. TVBoy ist der Meinung, dass wahre Street Art illegal sein muss und schafft daher häufig auch schnelle Paste-ups, z.B. Make Peace not War mit Donald Trump und Kim Jong-un.
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