Alexander von Humbold

Walter Lack, Alexander von Humboldt und die botanische Erforschung Amerikas
Prestel-Verlag (München); Prachtband, 280 Seiten, 142 farbige Abbildungen, 82 Farbtafeln; ISBN: 978-3-7913-8414-6, 49,95 €

Ottmar Ette & Julia Maier, Alexander von Humboldt – Bilder-Welten. Die Zeichnungen aus den Amerikanischen Reisetagebüchern
Prestel-Verlag (München). Prachtband im Schmuckschuber, gebunden, mit Lesebändchen, 736 Seiten, 600 farbige Abbildungen; ISBN: 978-3-7913-8312-5, 148 €.

Coverfotos und Tagebuch-Ausschnitt © Prestel Verlag






Als am 19. Mai 1804 Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt (1769–1859) am Ende seiner amerikanischen Forschungsreise in Philadelphia erstmals nordamerikanischen Boden betrat, hatte eine für die damals noch jungen USA wegweisende Expedition gerade begonnen: Wenige Tage zuvor, am 14. Mai, war das sog. Corps of Discovery von St. Louis in Richtung Nordwesten aufgebrochen. Die beiden Offiziere Meriwether Lewis und William Clark sollten mit ihrem Expeditionscorps nicht nur das 1803 vom französischen Kaiser Napoleon erworbene bis dato weitgehend unbekannte Land westlich des Mississippi in Besitz nehmen, sondern zugleich im Auftrag des damaligen US-Präsidenten Thomas Jefferson das Land erforschen und dokumentieren.

„Brüder im Geiste“
Humboldt hatte ursprünglich keinen längeren Aufenthalt in Amerika geplant, doch in US-Präsident Thomas Jefferson fand er einen „Bruder im Geiste“. So blieb der Deutsche nicht nur bis Anfang Juli in den USA, er war zudem drei Wochen lang Gast des Präsidenten in Washington D.C. und auf dessen Wohnsitz in Monticello im nahen Bundesstaat Virginia (Foto). Man wäre gerne dabei gewesen, wenn sich der Universalforscher Humboldt und der Privatgelehrte und Mitbegründer der modernen Demokratie Jefferson stundenlang unterhalten haben. „Mit ganzer Hingabe“ hätte Jefferson Humboldts Ausführungen über seine von 1799 bis 1804 dauernde Amerikareise zugehört – so berichtet beispielsweise Jeffersons Sekretär William A. Burwell. Und auch Humboldt muss von Jefferson begeistert gewesen sein, schließlich korrespondierten beide bis zu dessen Tod, 1826, und tauschten sich über naturwissenschaftliche Themen, Geografie und Tagespolitik aus.

Humboldt und die Entdeckung Amerikas
Alexander von Humboldt ist der wohl universellste Forscher, den die Wissenschaft bis heute hervorgebracht hat. Dass er ungeachtet seiner vielen Interessen jede einzelne Studie mit akribischer Sachkenntnis durchgeführt hat, beweist nicht zuletzt sein Beitrag zur Erfassung der lateinamerikanischen Pflanzenwelt. Rechtzeitig zum Jubiläumsjahr, anlässlich seines 250. Geburtstags im Jahr 2019, legte der Prestel-Verlag München zwei Bücher vor: einmal einen großformatigen Prachtband mit den besten botanischen Illustrationen aus Humboldts eindrucksvoller Sammlung, zum anderen einen Prachtband im Schmuckschuber, der erstmals alle Zeichnungen und Skizzen aus Humboldts Tagebüchern von seiner großen Amerikaexpedition versammelt.

Ausgewählt und kommentiert hat ersteren – »Alexander von Humboldt und die botanische Erforschung Amerikas« – der international renommierte Botaniker H. Walter Lack. Für den zweiten – »Alexander von Humboldt – Bilder-Welten. Die Zeichnungen aus den Amerikanischen Reisetagebüchern« – zeichnen Ottmar Ette, Professor für Romanistik an der Universität Potsdam, und Julia Maier, Kunsthistorikerin und Romanistin, verantwortlich. Beide Bände ergänzen sich hervorragend und sind nicht nur für historisch oder botanisch interessierte Leser purer Lesegenuss bzw. ein schönes Geschenk.

Humboldt, der Botaniker


1799 brach Alexander von Humboldt zusammen mit dem französischen Botaniker und Arzt Aimé Bonpland nach Südamerika auf. Als erste Europäer kam er nicht als Eroberer, sondern als Wissenschaftler. Der Band weist neben 82 großformatigen, farbigen Pflanzentafeln mit kurzen Beschreibungen – u. a. kommen Hypericum (Johanniskraut), Rosa canina (Hundsrose) und Dahlia (Dahlie) vor – einen informativen Einleitungsteil auf. Darin geht es nicht nur um den Forscher und seinen Begleiter, sondern auch die komplizierte Veröffentlichungsgeschichte der botanischen Ergebnisse. Eine Bibliografie und ein Register komplettieren den Prachtband, bei dem es sich um eine aktualisierte Neuauflage eines 2009 erschienenen Buches handelt. Herausragend ist dabei die hervorragende Qualität der reproduzierten Bildtafeln, die jeden Pflanzenfreund begeistern werden. Der Band gewährt Einblick in den Pflanzenkosmos des amerikanischen Kontinents und belegt zudem die Bedeutung des Ausnahme-Wissenschaftlers Humboldt für die Botanik. Herausgeber H. Walter Lack ist Professor an der FU Berlin, war Direktor am Botanischen Garten und Botanischen Museum Berlin-Dahlem und zugleich Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte der Botanik.

Humboldts Bilder-Welten
Seinen unbändigen Enthusiasmus und die oft abenteuerlichen Umstände, unter denen Humboldt Pflanzen sammelte, spiegeln die Reisenotizen wider, die sich noch heute wie ein Abenteuerroman lesen. Auf der Forschungsreise von 1799 bis 1804 durch den Norden Südamerikas sowie Mittelamerika entstanden zahlreiche Tagebücher und die Zeichnungen und Skizzen aus diesen zeigt der zweite vom Prestel-Verlag herausgegebene Prachtband. Fast 4.000 Seiten Papier hatte Humboldt mit detaillierten schriftlichen Ausführungen sowie Hunderten von Zeichnungen gefüllt, sie reichten von Tier- und Pflanzenskizzen bis zu geometrischen Studien. Nach Sachgebieten geordnet und mit Kommentaren sowie Tagebuchauszügen versehen, werden die Illustrationen im Originalformat in Faksimile-Qualität abgebildet.



Betreut hat den mit über 700 Seiten schwergewichtigen Band der Humboldt-Kenner Ottmar Ette, Professor für Romanistik an der Universität Potsdam. Er leitete auch das Forschungsprojekt zur Auswertung von Humboldts Amerikanischen Reisetagebüchern. Eine kurze Einleitung von Ette befasst sich mit der Reise Humboldts und seinen Reisetagebüchern und zeigt den Wissenschaftler als Kosmopoliten und Netzwerker. Julia Maier, Kunsthistorikerin und Romanistin, die über die Zeichnungen in Humboldts Amerikanischen Reisetagebüchern promovierte, erklärt in einer editorischen Notiz anschließend die Vorgehensweise bei der Publikation. Der Nutzen des Bandes liegt in der überlegten Strukturierung der Materialfülle, was besonders der zukünftigen Forschung entgegenkommen dürfte.

Wie beim ersten Band ist die Reproduktion vorzüglich, meist wurden die Seiten originalgroß abgebildet, sorgfältig transkribiert bzw. übersetzt und kommentiert. Am Ende wurden von den etwa 4000 Seiten der Tagebücher fast 450 in diesem Band abgebildet. Nicht nur für „Humboldtianer“ sind beide Bände ein Muss im Bücherregal, auch wer sich ausführlicher mit Amerika beschäftigen möchte, muss auf sie zurückgreifen.

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